Die friedlichen Kundgebungen der oppositionellen Grünen Bewegung zur Unterstützung der arabischen Protestbewegungen endeten am 14. Februar 2011 für zwei junge iranische Demonstranten tödlich. 

Sanee Jaleh, 26, war Student der Theaterwissenschaften an der Teheraner Akademie der Schönen Kunste und Mitglied der Islamischen Studentenorganisation Tahkim-e Vahdat. Berichten seiner Freunde zufolge hatte der sunnitische Kurde gegen 18 Uhr das Studentenheim verlassen, um an den angekündigten Protesten teilzunehmen. Gegen 21 Uhr forderte ein Unbekannter Sanees Freunde auf, seine Habseligkeiten, darunter Mobiltelefon und Kleidung, abzuholen. Als sie darauf nicht reagieren, meldet sich wenig später ein Vertreter Khameneis an der Akademie, um ihnen mitzuteilen, dass Sanee an den Folgen einer Schussverletzung gestorben sei.  Diese hatte er sich offenbar bei der Flucht vor bewaffneten Sicherheitskräften in Zivil zugezogen.

Sanee Jaleh mit seiner Theatergruppe

Während die Umstände seines Todes bisher ungeklärt sind, bestehen kaum Zweifel an der Zugehörigkeit der Täter. Nur wenige Stunden nach seinem Tod behaupteten staatliche Medien, Sanee Jaleh sei Mitglied der verhassten Bassidji-Milizen gewesen, die das Regime seit der gefälschten Präsidentschaftswahl von 2009 zur Niederschlagung friedlicher Demonstrationen der Grünen Bewegung einsetzt. Tatsächlich beweist das Foto unten, dass Jaleh als Mitglied der Islamischen Studentenorganisation der Akademie an einem Treffen mit dem oppositionellen, mittlerweile verstorbenen Ayatollah Montazeri teilgenommen hatte.

Sanee Jaleh im Büro von Ayatollah Montazeri

In einem Interview mit Voice of America bestätigt sein Bruder Ghaneh, dass Sanee kein Bassidji war. Zudem schildert er, wie ein Verwandter am Dienstagmorgen ein Foto von Sanee verlangt habe, ohne ihn über dessen Tod zu informieren. Dieses Foto diente offenbar zur Herstellung einer hastig fabrizierten Mitgliedskarte der Bassidji, auf der die staatlich gelenkten Medien den Studenten überdies mit einer „islamischen“ Frisur präsentierten (Fotos hier). Letzte Meldungen besagen, dass Ghaneh verhaftet worden sei, mehr dazu bei Dust and Trash.

Die unerträgliche Farce des Regimes, den Tod des oppositionellen Studenten für propagandistische Zwecke auszuschlachten, gipfelte bei der offiziellen „Trauerfeier“ vor der Kunstakademie in Attacken staatlicher Schlägerkommandos auf Sanee Jalehs bestürzte Kommilitonen.

HRANA berichtet von einem großen Aufgebot an Sicherheitskräften und der Absperrung des Hochschulareals. Um sie von der geraubten Trauerzeremonie fernzuhalten, wurden Sanees Freunde am Dienstag im Amphitheater der Akademie eingekesselt. Dabei soll es laut HRANA zur Festnahme von mindestens 11 Studenten gekommen sein. Zu den Umständen dieser geraubten Beerdigung siehe auch den Bericht auf Julias Blog.

Regimekritisches Video mit Sanee Jaleh: Another Brick in the Wall (bei Minute 1:46, 1.v.r. sitzend)

Auf die gewaltsame Enteignung der Trauerfeier für das Regimeopfer haben Sanees Kommilitonen mit einer spontanen Gedenkveranstaltung vor der Kunstakademie reagiert, bei der das berühmte Protestlied „Yaare dabestani-ye man“ (Mein Schulkamerad) gesungen wurde.

Inzwischen ist die Kurzgeschichte „Der Bus“, die Sanee Jaleh in der persischen Kulturzeitschrift Azma veröffentlicht hatte, in der englischen Übersetzung von LittleBlackFish erschienen.

Der 22-jährige Student Mohammad Mokhtari ist das zweite Opfer dieses tödlichen Valentinstages. Am gestrigen Dienstag starb er laut RAHANA im Krankenhaus an einer Schusswunde, die er sich am Montag bei einer Protestkundgebung an der Kreuzung Navab und Touhid im Süden Teherans zugezogen hatte. Während offizielle Stellen die Tat „eigensinnigen Elementen“ zugeordnet hatten und der stellvertretende Teheraner Polizeichef Radan sie sogar den regimefeindlichen Volksmudjaheddin anlasten wollte, besteht auch in diesem Fall kein Zweifel an der Zugehörigkeit des oder der Täter zum Staatsapparat.

Über Mohammad Mokhtari, durch einen merkwürdigen Zufall zugleich Namensvetter des 1998 ermordeten Dichters, ist bislang kaum etwas bekannt. Einer seiner letzten Einträge auf Facebook lautete „Gott, laß mich aufrecht sterben; ich bin es leid, würdelos auf Knien zu leben.“ Auf Englisch hatte er noch hinzugefügt: Happy Valentine’s Day

Empfehlenswerter Bericht über Sanee Jaleh von Revolutionary Fesenjan, ein einfühlsames Porträt von Mohammad Mokhtari bei Tehran Bureau.