Ich hoffe, dass wir eine gemeinschaftliche Einschätzung der Situation erreichen, in der wir uns gerade befinden. 

Ich zweifle nicht daran, dass zu gegebener Zeit die Gefühle und Urteile an einen Punkt gelangen, an dem statt aller Ausflüchte, ob aus Übertreibung oder Untertreibung, der Entscheidung für das nationale Wohlergehen und der Fortsetzung der Reformen in der Islamischen Republik Vorrang gegeben und, so Gott will, eine Lösung der Probleme möglich wird.

Nach den Zweifeln und Fragen in den Medien, unter anderem auf dem Nachrichtenportal Kaleme, nach den Kritiken und Protesten von sozialen und politischen Aktivisten und Reformanhängern, insbesondere der Jugendlichen im In- und Ausland, an der Teilnahme des ehemaligen iranischen Präsidenten Irans an der neunten Runde der Parlamentswahlen, hat Seyyed Mohammad Khatami aus Respekt vor den Gefühlen des Volkes einen kurzen Text an die Medien übermittelt:

Im Namen Gottes

In den Medien, einschließlich des Nachrichtenportals Kaleme, sowie seitens politischer und sozialer Aktivisten und Reformanhänger, insbesondere der Jugendlichen im In- und Ausland, wurde meine Teilnahme an der Parlamentswahl mit Zweifeln, Fragen, Kritik und Protesten konfrontiert, die mir teilweise von Journalisten übermittelt wurden. Der Respekt für das Volk und seine Gefühle erfordert es, dazu auf dieselbe freundschaftliche und persönliche Art Stellung zu nehmen.

Seyyed Mohammad Khatami

„Angesichts der Schwierigkeiten und der Kompliziertheit der Materie erwarte ich nicht, dass meine Erklärungen alle zufriedenstellen werden, besonders da die allseitigen Beschränkungen bei der Nachrichtenvermittlung uns in eine Lage versetzt haben, in der sowohl unerfüllbare und unvorteilhafte Forderungen und Erwartungen thematisiert worden sind als auch eine vollständige Klärung nicht leicht fällt. 

Die Thematisierung dieser Zweifel und Fragen in der Öffentlichkeit, insbesondere vonseiten jener, die in den vergangenen Jahren vielfältige Schwierigkeiten und Beschränkungen erduldet haben und einen hohen Preis bezahlen mussten, leuchtet ein. Ich kann diese Fragen, Analysen und reinen, verletzten Gefühle nicht ignorieren, weswegen ich hier meinen Respekt für meine Kritiker und sogar meine Gegner wiederhole. Unter Hinweis darauf, dass eine ausführlichere Erörterung auf einen passenderen Zeitpunkt verschoben werden muss, führe ich hier nur einige Punkte an:

Ihr Lieben

Mein Handeln beruht auf meiner politische Einstellung, meinen Überzeugungen und Grundsätzen. Ich habe aus der Perspektive des Reformismus und mit der Absicht der Beibehaltung von politischen Reformen gehandelt, weil ich diese für den wichtigsten, wenn nicht gar einzigen Weg zur nationalen Bedeutsamkeit, zur Erreichung der originären Prinzipien der Revolution, zur Sicherung der Rechte des Volkes und zur Wahrung des nationalen Wohlergehens halte. Außerdem habe ich so gehandelt, um äußere und innere Gefährdungen und Bedrohungen abzuwehren. Das mögliche und wünschenswerte Ziel ist die Wiederherstellung von Verhältnissen, die auf dem Wohlergehen des Landes und den essentiellen historischen Forderungen des Volkes basieren.

Ich hatte und habe auf der Grundlage reformorientierter Strategien zur nationalen Versöhnung, zur Rückkehr zu den originären Prinzipien der Revolution und der Verfassung dazu aufgerufen, eine verständnisvolle Atmosphäre der Beteiligung aller herzustellen und erwarte weiterhin von allen, dass sie nicht im Gestern verharren, sondern mit Blick auf die Zukunft neue Wege beschreiten mögen. Das Beharren der Reformer auf legalen und gewaltfreien Methoden bedeutet nicht, dass eine Reform der Angelegenheiten des Landes ohne Inkaufnahme von Nachteilen möglich wäre. Bei allem politischen Handeln sollten jedoch auch die Verhältnisse berücksichtigt werden, mit denen die Aktiven im Land konfrontiert sind. Die aktive Teilnahme an Wahlen und Präsentation von Kandidaten wird selbstverständlich durch günstige Voraussetzungen bedingt. Das übergreifende Ziel des nationalen Wohlergehens und der Reformen erfordert die Hintanstellung persönlicher Neigungen und hat seine eigenen Notwendigkeiten. Die Strategie, keine eigenen Kandidaten und Wahllisten zu präsentieren, bedeutete zu keiner Zeit einen Boykott der Wahlen. Wir mussten dies in der Praxis beweisen, um allen Widersachern den entsprechenden Vorwand zu nehmen und damit die Möglichkeiten zu einem Dialog auf Grundlage der Rechte und Vorteile des Volkes und dem tatsächlichen Fortschritt des Landes ein wenig zu öffnen. 

Ich hoffe, dass wir eine gemeinschaftliche Einschätzung der Situation erreichen, in der wir uns gerade befinden. Ich zweifle nicht daran, dass zu gegebener Zeit die Gefühle und Urteile an einen Punkt gelangen, an dem statt aller Ausflüchte, ob aus Übertreibung oder Untertreibung, der Entscheidung für das nationale Wohlergehen und der Fortsetzung der Reformen in der Islamischen Republik Vorrang gegeben und, so Gott will, eine Lösung der Probleme möglich wird.“

Link zum persischen Originaltext auf der offiziellen Webseite von Seyyed Mohammad Khatami. 

Anm. Diese Übersetzung ist nicht offiziell autorisiert, für den Wortlaut wird daher keine Haftung übernommen. Zitate sind aber mit Quellenangabe und einem entsprechenden Hinweis möglich. Ich danke meiner Freundin, die ungenannt bleiben möchte, für den deutschen Text.